Die Datenerhebung und -auswertung gewinnen in der globalen Wertschöpfung stetig an Bedeutung. Um bei der Transformation zum datengetriebenen Unternehmen zu unterstützen, wurde ein Einführungskonzept mit Handlungsempfehlungen zur Einführung von Business Analytics entwickelt, welches die relevanten Erfolgsgrößen am Beispiel der Nahrungsmittelindustrie darstellt.
Business Analytics (BA) gewinnt zunehmend an Bedeutung: Es unterstützt bspw. durch neue Funktionen in Informationssystemen, Automatisierung durch Workflow-Management und Robotic Process Automation oder auch bei der Beschleunigung von Prozessen durch Cloud Computing [1]. Eine stetig steigendende Anzahl an Unternehmen verwendet BA, um „verfügbare Daten so zu analysieren, dass betriebswirtschaftliche Probleme evidenzbasiert gelöst werden können, und dient als zentrale Quelle von dauerhaften Wettbewerbsvorteilen“ [2].
Im Forschungsprojekt BASuccess untersuchten die Autoren am Beispiel der Nahrungsmittelindustrie, wie BA erfolgreich eingeführt werden kann. Produzierende Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie stehen unter hohem Kostendruck und werden durch steigende Beschaffungsrisiken, Internationalisierungsdruck und strenge Regularien zusätzlich herausgefordert. Gleichzeitig ändern sich die allgemeinen Erfolgsfaktoren für das Management im digitalen Zeitalter. Insbesondere Schnelligkeit und auf Basis von KI abgeleitete Entscheidungen werden in hochdynamischen Märkten stetig bedeutsamer [3]. Dies bedarf Effizienz- sowie Transparenzsteigerungen in der Planung und Steuerung der Unternehmensaktivitäten [4]. Hierbei unterstützt der Einsatz von BA Unternehmen maßgeblich, indem eine fundierte Entscheidungsgrundlage gesichert und neue, innovative sowie effiziente betriebliche Maßnahmen entwickelt werden [5].
Im Folgenden werden zunächst Treiber und Hemmnisse für die erfolgreiche Einführung von BA diskutiert. Anschließend wird die im Projekt durchgeführte Cluster-Analyse verschiedener Typen von produzierenden Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie mit Besonderheiten einzelner Typen vorgestellt. Abschließend werden kritische Erfolgsfaktoren bei der Einführung von BA präsentiert und in praxisorientierte Handlungsempfehlungen überführt.
Treiber und Hemmnisse
Die theoretische Basis dieser Untersuchung bildet die Verknüpfung von Literaturrecherche und Fallstudienanalyse. Dafür wurden Treiber und Hemmnisse als Einflussgrößen bei der Einführung von BA am Beispiel von Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie identifiziert und im Rahmen einer Umfrage validiert. Als Hemmnis wurden vorrangig die drei Bereiche mangelhafte Datenqualität, fehlende technische, organisatorische und personelle Infrastruktur sowie Akzeptanzprobleme und Schuldzuweisungen infolge von Fehlern identifiziert. Insbesondere die Datenqualität zeigt sich in der Praxis als Herausforderung.
Während diese Hemmnisse bestmöglich zu minimieren sind, müssen die Vorteile der im Projekt ermittelten Treiber optimal ausgeschöpft werden. Im Rahmen dieser Betrachtung treten hierbei vor allem vier Treiber in den Vordergrund. Diese sind strukturierte Daten, ein agiles und inkrementelles Projektvorgehen mit konkreter Zielsetzung, die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Fachbereich und IT sowie ein Stichtagsansatz mit konkretem Zeitrahmen und Maßnahmenplan.

Unterschiedliche Voraussetzungen in Unternehmen
Darauf aufbauend bildet eine Befragung von 92 Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie die empirische Basis zur Ableitung unternehmensspezifischer Voraussetzungen und Handlungsempfehlungen. Die Einflussgrößen wurden einer Faktorenanalyse unterzogen, um basierend auf latenten Variablen spezifische Unternehmenstypen mittels einer Clusteranalyse abzuleiten. Aus der Korrelation zwischen Faktor und anfänglicher Variable ergibt sich die folgende Verteilung der Ursprungsvariablen auf die drei extrahierten Faktoren:
- Faktor Umgebung: interdisziplinäre Zusammenarbeit, agiles Vorgehen, strukturierte Daten, Fehlerkultur, Stichtagsansatz, Experimentalumgebung, vorhandene Vision, unvollständige Datensätze
- Faktor Akzeptanz: Akzeptanzprobleme der Ergebnisse, Schulddiskussion, Akzeptanzprobleme bei der Einführung
- Faktor Datenqualität: unglaubwürdige Datensätze, uneinheitliches Datenmanagement
Mit den resultierenden Faktoren lassen sich die an der Umfrage beteiligten Unternehmen beschreiben und typspezifische Cluster ableiten. Eine Verallgemeinerung der Charaktereigenschaften hinsichtlich BA führt zur Ableitung von fünf generellen Unternehmenstypen.
- Typ 1 zeigt starke Ausprägungen in den Dimensionen Datenqualität und Umgebung, während die Akzeptanz unterdurchschnittlich bewertet wurde. Es ist davon auszugehen, dass diese Unternehmen bereits Erfahrungen mit BA gesammelt haben.
- Typ 2 weist hohe Bewertungen in allen drei Dimensionen auf, wobei vergleichsweise wenige BA-Projekte durchgeführt wurden. Durch gezielte Trainings und das Einbinden von Experten sollte das Knowhow innerhalb der Organisation ausgebaut werden. Die kurzfristige Identifikation möglicher Anwendungsfälle kann hier zu schnellen Erfolgen führen.
- Im direkten Vergleich weist Typ 3 eine schlechtere Bewertung der Datenqualität auf, wohingegen die Akzeptanz als hoch eingestuft wird. Einer mangelnden Akzeptanz der Mitarbeiter bei der Einführung sowie etwaigen Schulddiskussionen kann durch eine klare Kommunikation und Sensibilisierung der Mitarbeiter vorgebeugt werden.
- Die Datenpunkte von Typ 4 liegen weiter verteilt als die Punkte der ersten drei Gruppen und zeichnen sich durch hohe Bewertungen der Umgebung sowie eher unterdurchschnittliche Bewertungen der Datenqualität und der Akzeptanz aus. Besonders interdisziplinäre Zusammenarbeit und ein agiles Vorgehen in Kombination mit einer positiven Fehlerkultur sind hier erfolgversprechend.
- Typ 5 unterscheidet sich deutlich von den anderen Clustern, da es durch schlechte Bewertungen für die Umgebung geprägt ist. Die Dimension Daten wird im Vergleich zum Faktor Akzeptanz von Unternehmen dieses Typs höher bewertet. Wie im Unternehmenstyp 1 kann in einzelnen Pilotprojekten der Nutzen von BA erprobt werden.
Für die Ableitung der Handlungsempfehlungen wurden zusätzlich die kritischen Erfolgsfaktoren und deren exakte Aus- und Wechselwirkungen auf den Einführungserfolg untersucht. Mit der Auswertung der Umfrageergebnisse wurde ein mehrdimensionales Strukturgleichungsmodell aufgebaut, welches die Wechselwirkungen der kritischen Erfolgsfaktoren zwischen den Erfolgsdimensionen aufzeigt.
Es konnten acht kritische Erfolgsfaktoren identifiziert werden:
- Unterstützung des Topmanagements
- Strategische Ausrichtung und Zielspezifikation
- Organisatorisches Lernen
- Benutzerorientiertes Changemanagement
- Iteratives Projektmanagement
- Kompetenzaufbau
- IT-Infrastruktur und Datenmanagement
Aus den Erkenntnissen der empirischen Untersuchung wurden Handlungsempfehlungen abgeleitet, um die mit der Einführung von BA betrauten Führungskräfte zu unterstützen. Für weiterführende Informationen und Detailbeschreibungen der einzelnen Faktoren wird auf die Veröffentlichung von Müller et al. verwiesen [6].
Die abgeleiteten Handlungsempfehlungen des Strukturgleichungsmodells können den jeweiligen Clustern zugeordnet werden. In Verbindung mit dem im Projekt entwickelten phasenweisen Einführungsmodell können die clusterspezifischen Handlungsempfehlungen abhängig von der jeweiligen Einführungsphase gegeben werden.
Das Einführungsmodell besteht aus den drei Phasen Konzeptionierungs-, Implementierungs- und Betriebsphase. Während der Konzeptionierungsphase wird die Einführung des BA-Systems vorbereitet und die notwendigen Voraussetzungen geschaffen. Darauf folgt in der Implementierungsphase die tatsächliche Einführung des Systems. Diese mündet in der Betriebsphase, welche die nachhaltige und effiziente Regelnutzung sowie die Weiterentwicklung des Systems zum Ziel hat.

Die Ergebnisse der Synthese von Strukturgleichungsmodell, Clusteranalyse und Einführungsmodell führen zu den nachfolgend aufgeführten Handlungsempfehlungen, welche exemplarisch in Bild 2 dargestellt sind. Die Verknüpfung ermöglicht es, die Erfolgswahrscheinlichkeit der Einführung zu erhöhen. Für die vorherig identifizierten Merkmalstypen wird exemplarisch für das Cluster „ganzheitlich datengetrieben“ für jede Phase sowie die Rahmenbedingungen eine Handlungsempfehlung ausformuliert:
Unternehmen, welche dem Cluster „ganzheitlich datengetrieben“ zugeordnet werden können, verfügen über umfassende Fähigkeiten im Bereich Datenqualität, gleichzeitig werden allerdings oft organisationale Faktoren vernachlässigt. Somit wird insbesondere empfohlen, dass Widerstände innerhalb des Unternehmens, die dem Projekt entgegenwirken, so frühzeitig wie möglich erkannt und entschärft werden sollten. Während der Konzeptionierung muss dafür gesorgt werden, dass der Topmanagement-Support von Beginn an gewährleistet ist. Innerhalb der Implementierung des BA-Systems sollte insbesondere darauf geachtet werden, dass im Unternehmen ein einheitliches Datenmodell mit definierten Standards aufgebaut wird. Wenn das System in Betrieb genommen wurde, ist es essenziell, die Datenqualität zu überwachen, um die Unternehmensperformance steigern zu können.
Zusammenfassung
Dieser Artikel beschreibt ein ausführliches, mit Praxispartnern validiertes Einführungskonzept, um Unternehmen der Nahrungsmittelindustrie mit Hilfe von BA zu unterstützen. Dies soll die zielgerichtete Einführung von BA in der Nahrungsmittelindustrie erleichtern und somit die Konkurrenz- sowie Zukunftsfähigkeit der deutschen Nahrungsmittelindustrie sicherstellen. Für die komfortable Übertragung in die Praxis werden die Ergebnisse dieser Untersuchung sowie weitere Hintergrundinformationen zusätzlich in einem IT-Tool zusammengefasst. Gestützt auf unternehmensindividuellen Eingabeparametern werden dabei typenspezifische Handlungsempfehlungen vorgeschlagen.
Das Tool ist frei verfügbar unter www.projekt-basuccess.de.
Literatur
[1] Horváth, P.; Gleich, R.; Seiter, M.: Controlling. 14. komplett überarbeitete Auflage. München, 2020. [2] Seiter, M.: Business Analytics. Wie Sie Daten für die Steuerung von Unternehmen nutzen. München, 2019. [3] Wildemann, H.: Management im digitalen Zeitalter. München, 2018. [4] Minhoff, C.; Havermann, C. (Hrsg.): Wetterwechsel. Steigender Ertragsdruck in der Ernährungsindustrie – Herausforderungen und Strategien. Düsseldorf, 2016. [5] Gluchowski, P; Chamoni, P.: Analytische Informationssysteme – Business Intelligence-Technologien und -Anwendungen. Heidelberg, 2016. [6] Müller, J.; Schuh, G.; Meichsner, D.; Gudergan, G.: Success factors for implementing Business Analytics in small and medium enterprises in the food industry. In: 2020 IEEE International Conference on Technology Management, Operations and Decisions (ICTMOD 2020) (2020) (Paper akzeptiert, Veröffentlichung Anfang 2021).Tags: Business Analytics Business Intelligence Data Science Einführungskonzept