Interview mit Andreas Zerfas, German Edge Cloud

German Edge Cloud ist ein Unternehmen, das sich auf die Entwicklung und Integration schlüsselfertiger, innovativer Edge- und Cloud-Lösungen spezialisiert hat. Es bietet sowohl eigene Lösungen als auch branchenspezifische Systeme an. German Edge Cloud ist Teil der Friedhelm Loh Group. Durch enge Zusammenarbeit mit Industrie- und Forschungspartnern werden schnell einsatzbereite Lösungen entwickelt, mit denen Unternehmen aus verschiedenen Branchen die Herausforderungen der Digitalisierung effektiv bewältigen und digitale Wertschöpfung erzielen können.

Factory Innovation sprach mit Andreas Zerfas, CTO Digital Industrial Solutions bei German Edge Cloud.

Herr Zerfas, was verbirgt sich hinter German Edge Cloud?

Als deutsches Unternehmen wollten wir unter dem Aspekt der Datensicherheit und Datensouveränität Lösungen vorrangig für die Industrie anbieten, die auf Cloud-Technologien basieren, aber dem Anwender den Freiraum lassen, selbst zu entscheiden wo seine Daten liegen und verarbeitet werden. Dafür haben wir nicht nur eine Edge entwickelt, die eine Cloud-native Infrastruktur besitzt, sondern haben für den hybriden Lösungsansatz auch ein eigenes Cloud-Rechenzentrum zur Verfügung gestellt. Daher der Name German Edge Cloud. Mit dem ONCITE Digital Production System (kurz ONCITE DPS) haben wir diese Infrastruktur-Technologie mit modernster, Microservice-basierter Lösungstechnologie für die Fertigungsindustrie kombiniert und zu einem Produkt entwickelt. Eine Technologie- und Digitalisierungsplattform für die Umsetzung einer Smart Factory.

Was sind die konkreten Ziele, die Sie verfolgen?

Mit unserer Business Unit Digital Industrial Solutions stellen wir unseren Kunden eine agile und skalierbare Referenzarchitektur für die Umsetzung einer Smart Factory zur Verfügung. Eine offene Technologie-Plattform für den Betrieb industrieller Anwendungen, die auch das Design, die Entwicklung, die Ausführung, die Überwachung und das Management neuer Anwendungen erlaubt. Ziel der Applikationen ist die schnelle und sichere Vernetzung der Produktion, Digitalisierung der Prozesse sowie modernstes Datenmanagement und maximale Fertigungstransparenz zu schaffen.

Warum engagiert sich die German Edge Cloud so im Bereich Microservice-basierter Lösungstechnologie? Ist das nicht ein Spezialthema?

Durch die Wurzeln unseres Unternehmens haben wir zwei Lösungs-Technologien zu einem Produkt zusammengeführt. Edge-Cloud-Infrastruktur zusammen mit microservicebasiertes Produktionsmanagement (inkl. smartMOM, Data-Analytics und virtual Factory).

Welche drei Worte beschreiben die Unternehmensgeschichte am Besten?

Agil, innovativ, kundenfokussiert

Was gefällt Kunden an Ihrem Produkt ONCITE DPS besonders gut?

Mit dem ONCITE DPS erlauben wir unseren Kunden den sehr schnellen, unkomplizierten Einstieg zur Entwicklung des Transformationsprozesses in der Produktion hin zu einer Smart Factory. Die Kunden müssen im Vorfeld keine Infrastrukturen aufbauen oder neue Technologien einführen. ONCITE DPS kann sehr schnell in Koexistenz bestehender IT/OT Umgebungen installiert und betrieben werden. Und wir können mit realen, praxiserprobten Use Cases aufzeigen, dass das ONCITE DPS-Konzept funktioniert.

Auf welche Funktionen Ihrer Software sind Sie besonders stolz?

Das Schlüsselkonzept einer Smart Factory basiert auf den Grundsätzen von Industrie 4.0 und Digitalen Zwillingen. Unsere “ONCITE DPS Virtual Factory” macht es anschaulich und nutzbar. Der digitale Zwilling der Produktion in modernster 3D-Darstellung. Dahinter steckt aber nicht nur Grafik-Technologie aus der Gaming-Welt, sondern eine leistungsstarke smartMOM-Lösung mit Masterdata-Management und einer hochvaliden, auf die Industrie ausgerichteten Datenbasis. Diese erlaubt es, nahezu alle Produktions- und Prozessdaten aus der Produktion echtzeitnah in der virtuellen Fabrik sichtbar zu machen.

Eine Stärke ist die Verbindung mit den Kompetenzen unserer Schwesterunternehmen in der Friedhelm Loh Group. Auf dem Weg zur Smart Production gilt es für Anlagen, Produkte und Fertigungsprozesse je einen vollständigen digitalen Zwilling zu erzeugen und diese klug zu verbinden. Eplan und Rittal treiben den Aufbau des Digitalen Zwillings der Maschinen und Anlagen voran und machen die Daten im Betrieb nutzbar. Cideon steigert die Datendurchgängigkeit rund um den digitalen Produktzwilling mit Erfahrung in CAD/CAM, PDM/PLM und Produktkonfiguration. Das ONCITE DPS macht dann schließlich die Informationen der Anlagendaten zur Vernetzung und Visualisierung der Prozesse als Digitalen Fertigungszwilling nutzbar.

Stichwort Digitaler Zwilling: Wo sollte man anfangen und wann kann man mit echten Vorteilen rechnen? Wie sehen diese aus?

Digitale Zwillinge sind das Schlüsselkonzept für Industrie 4.0 und damit für die Smart Factory. Der digitale Zwilling enthält notwendige Funktionen und Leistungsbausteine, die für die Umsetzung einer Smart Factory nach den Grundsätzen der Industrie 4.0 relevant sind. Unser digitaler Produktionszwilling profitiert darüber hinaus von der validen Datenbasis, dem Microservice-basierten smartMOM-Services sowie dem integrierten Low-Code Framework im ONCITE DPS. Mit dem digitalen Produktionszwilling erhält man sehr schnell und in nahezu Echtzeit maximale Transparenz in der Produktion. Damit steigern die Unternehmen ihre Produktivität, Produktqualität und reduzieren die Stillstandzeiten Ihrer Anlagen. Die OEE kann dadurch signifikant verbessert werden.

Wie können Ihre Kunden von der Funktionalität von ONCIPT DPS profitieren?

Unsere Kunden können schnell und passgenau ihre Anforderungen nutzerzentriert lösen. Sie können sowohl unsere Microservice-basierten Industrie-Anwendungen einsetzen, als auch eigene Applikationen einbinden oder sogar via Low-Code selbst schnell entwickeln. ONCITE DPS ist darüber hinaus auch eine relevante Plattform bzw. ein Knotenpunkt für den gesicherten Datenaustausch in andere Öko-Systeme. So profitiert aktuell schon die Automotive-Industrie von der ONCITE DPS als erste zertifizierte CATENA-X-Lösung.

Die Mehrwerte und Nutzen liegen damit auf der Hand: Maximale Flexibilität, Wandlungsfähigkeit und Interoperabilität sowie Anpassungsfähigkeit.

Was war die schnellste Implementierung Ihres Systems und warum hat sie so schnell funktioniert?

Wir sind überzeugt: Digitalisierung gelingt nicht in einem Schwung. Realistisch ist ein Prozess in sinnvollen, umsetzbaren Schritten, die als Bausteine des Gesamtbilds dienen. In einem ersten POC, der zwei bis sechs Wochen gehen kann, erhalten unsere Kunden schnell ein klares, erstes Zielbild, was man mit den Daten aus der Produktion machen kann. Mit konventionellen Mitteln, so die Aussage der Kunden, hätte das sechs Monate gedauert.

Wie sieht Ihr Wunschkunde aus – beispielsweise bzgl. Branche, Bereich oder Größe?

Unser Marktsegment ist vorrangig die industrielle Herstellung von Einzelgütern – also Diskrete Fertigung. Jedes Unternehmen, welches die Vorteile und den Nutzen der Digitalisierung in der Produktion (die Kraft der Daten in Kombination mit den innovativen Möglichkeiten daraus Wissen zu generieren) erkannt hat, ist hier für uns relevant.

In welchen Branchen können Sie besonders gut Vorteile für Ihre Kunden erzielen?

Zum Beispiel Fertigungsunternehmen aus der Automotive- bzw. Zulieferindustrie. Neben der lückenlosen Produktionsdokumentation und ebenso lückenlosen Rückverfolgbarkeit (Track&Trace) wird der standardisierte, gesicherte und souveräne Datenaustausch immer wichtiger. ONCITE DPS ist als erstes auf Catena-X zertifiziertes Produkt für diese Anforderungen exzellent ausgeprägt.

Sie haben mit ONCITE DPS ein neues Lösungskonzept entwickelt – damit einhergehend gibt es sicher hohe Investitionen, auch für die Konzeption und Erstellung der Datenbasis. Wie rechnet sich das?

Aus mehr als 30 Jahren Projekt- und Entwicklungserfahrung rund um das Thema der Produktionsoptimierung haben wir ein quasi Standard-Datenmodell für die Fertigungsindustrie entwickelt. Damit sichern wir eine hochvalide Datenbasis, aus der sich viele Datennutzer komfortabel via API bedienen können. Die Kosten dafür sind im Verhältnis dazu sehr überschaubar. Die valide Datenbasis ist aber das A und O für die Digitalisierung.

Was macht gerade Ihr Angebot so einzigartig?

Die skalierbaren Möglichkeiten die man mit dem ONCITE DPS als Technologie- und Digitalisierungs-Plattform hat. Neben den relevanten eigenen industriellen Software-Applikationen, ermöglicht ONCITE DPS auch das Design, die Entwicklung, die Ausführung, die Überwachung und das Management neuer Anwendungen. Darüber hinaus ist das ONCITE DPS Catena-X zertifiziert, bietet dafür ein lückenloses Track&Trace und einen standardisierten, gesicherten und souveränen Datenaustausch  zwischen den Unternehmen.

“Wir haben unser Lösungskonzept auf Basis des ONCITE DPS nach den Grundsätzen der Industrie 4.0 ausgerichtet und entwickelt.”

Was machen Sie besser als der Markt?

Mit ONCITE DPS haben wir von Anfang an auf modernste Technologien, cloud-agnostischen Infrastrukturen und Microservice-basierten Lösungskonzepten aufgesetzt. Wir haben keine alten Strukturen und können sehr schnell auf Neuerungen und Anforderungen reagieren. Langjährig etablierte Unternehmen haben meist auch Lösungen mit älteren Architekturen und Infrastrukturen.

Wir glauben, dass wir mit der richtigen Technologie, modernen Softwareservices und dem fundierten Domänenwissen speziell aus der Produktion, ein durchdachtes Lösungskonzept entwickelt haben, was im Zeitalter der Digitalisierung und des IoT genau die aktuellen und zukünftigen Marktanforderungen lösen wird und sich stark an den Praxisbedürfnissen unseres Marktes ausrichtet.

Heute nimmt der richtige Umgang mit Lieferengpässen und steigenden Energiepreisen eine immer wichtigere Rolle ein. Wie helfen Sie Ihren Kunden mit diesen Herausforderungen zurechtzukommen?

Lieferengpässe entstehen, wenn man Zusammenhänge und Abhängigkeiten nicht erkennt. Mit den notwendigen Daten und Analysen lassen sich mögliche Gefahren/ Engpass-Potentiale und Trends erkennen und erlauben ein rechtzeitiges Gegensteuern. Die Daten und die dazugehörigen Analysetools stellen wir zur Verfügung.

Die Wettbewerbsfähigkeit und Effizienz der Produktionseinrichtungen werden zukünftig nicht mehr nur nach Stückzahl und Kosten bewertet, sondern nach verfügbarer Energie. Über intelligentes Energie-Monitoring und -Management lässt sich eine neue Effizienz der Produktion erzielen. Auch hier leisten wir mit unseren Services zum Energie-Monitoring und relevanten Korrelationsanalysen den Unternehmen wertvolle Unterstützung.

Herr Zerfas, herzlichen Glückwunsch – Sie haben den Factory Innovation Award in der Kategorie Industrie 4.0 in der Praxis gewonnen. Welche Bedeutung hat diese Auszeichnung für Sie?

Mit der Auszeichnung konnten wir der Jury vermitteln, dass ONCITE DPS eine exzellente und hochskalierbare Referenzarchitektur zur Umsetzung einer Smart Factory nach den Grundsätzen der Industrie 4.0 ist. Das wir hierfür den richtigen Entwicklungsweg eingeschlagen haben, wurde uns durch die Award-Bewertungskriterien perfekt bestätigt. In dem Award wurden besonders die Kriterien “Zukunftsfähigkeit der Architektur/Interoperabilität, Standards, Schnittstellen/ Brownfield-Ansatz/ Forschung & Entwicklung/ Plattformtauglichkeit” herangezogen. Genau die Kriterien die wir selbst für uns als Vorgabe der Entwicklungs-Roadmap schon früh definiert hatten und unter Einbindung der Industrie 4.0 so zu einer Lösung entwickelt haben.

Es bestätigt unsere Idee und die Reflektion, die wir bisher vom Markt erfahren durften. Mit unserem Lösungskonzept sind wir Trendsetter – und mit dem Award haben wir dies sehr eindrucksvoll bestätigt bekommen.

Was hat Ihnen beim Wettbewerb “Factory Innovation Award” besonders gut gefallen?

Die Bewertungskriterien adressieren sehr genau den Nutzen für die fertigende Industrie und decken sich mit unseren Praxiserfahrungen. Daher freut es uns besonders, dass die hochkarätige Jury unsere Lösung prämiert hat – und das auch noch bei einer gut konzipierten Veranstaltung auf der Hannover Messe.

Herr Zerfas, herzlichen Dank für das Gespräch!

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