Technologien

Künstliche Intelligenz ersetzt kluges Handeln nicht

Lesedauer:  2 Minuten

Wenn ich mir die aktuellen Diskussionen um IoT und smarte Materialwirtschaft anschaue, dann bin ich immer wieder überrascht, wie oft der Eindruck erweckt wird, dass vor allem Künstliche Intelligenz das wesentliche Element zum Schließen der Digitalisierungslücken in Supply Chain Management und Materialwirtschaft sei.

Große Lücken in der Digitalisierung bestehen in der Tat und der große Schatz an Supply Chain Daten und dokumentiertem Wertstromverhalten, der sich in unseren ERP-Systemen versteckt, wird noch viel zu wenig genutzt. Bei einigen Prozessen im Supply Chain Management, z. B. im Bereich der Produktionsfeinplanung, lassen sich mit Methoden der Künstlichen Intelligenz auch neue Potenziale erschließen.

Doch seien wir ehrlich: Um eine effiziente und wirtschaftliche Supply Chain aufzubauen, braucht es deutlich mehr als die rein technische Optimierung von Routen, mehr als digitale Meldungen von Bestandsverbräuchen in Echtzeit, mehr als automatisierte Nachbevorratung bis hin zu Vendor Managed Inventory.

Da mangelt es einerseits an trivialen technischen Voraussetzungen. So steckt beispielsweise manches Unternehmen in konzerninternen ERP-Prozessfallen, weil über Werke hinweg keine Verknüpfung der Bedarfsplanung stattfindet. Der Sekundärbedarf der einen Entity wird nicht direkt als Primärbedarf der anderen erkannt, solange kein „offizieller“ Auftrag eingegangen ist. Unterbrochene Planungsketten beginnen allzu oft bereits an der Front zum Markt. Der Vertrieb wird in materialwirtschaftliche Planungsprozesse nicht eingebunden, wodurch wichtige Infos zu zukünftigen vertrieblichen Entwicklungen nicht in die Planung der Nachbevorratung einfließen können.

Wenn wir den Fokus weiter aufziehen, stellen wir fest, dass es auch an dem Blick auf die Gesamtzusammenhänge fehlt. Logistische Entkopplungspunkte sind deshalb falsch gesetzt, Stammdaten werden nicht oder falsch gepflegt und so manches logistische Geschäftsmodell passt überhaupt nicht zum Geschäftsmodell des Unternehmens.

Schnell wird heute auch über Künstliche Intelligenz schwadroniert, obwohl es einem noch nicht einmal gelungen ist, die Materialströme dispositiv anständig zusammenzustöpseln. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die Zeit eilt und mehr „Sense of Urgency“ auf dem Weg zur Digitalisierung und Automatisierung unserer Supply Chains ist dringend notwendig. Die Lösung liegt aber nicht in „AI first“, sondern zu allererst in zügigen Projektentscheidungen, um solide Rahmenbedingungen für ihren Einsatz zu schaffen.


Tags: Intelligenz Künstliche Intelligenz

Das könnte Sie auch interessieren

Zukunftsträchtige Technologien

Fünf Arten der Prozessoptimierung mit Augmented Reality
Die Verschmelzung von digitaler Welt und Realität ist mehr als eine Spielerei und wird durch digitale Technologien wie Augmented Reality greifbar. Immer mehr Unternehmen wollen Prozesse und Abläufe mit 3D-Modellen, Holografien und Datenbrillen hinsichtlich Kosten- und Zeitersparnis optimieren – sei es bei der Entwicklung neuer Produkte, neuer Geschäftsmodelle oder beim Anlernen neuer Fachkräfte.

Prozesse intelligent automatisieren

Mit künstlicher Intelligenz und Robotic Process Automation zum Erfolg
Obwohl Robotic Process Automation (RPA) seit Jahren existiert, ist das Thema aktueller denn je. Für zahlreiche Branchen weltweit hat sich die Technologie als effektiv erwiesen, wann immer es um die Automatisierung manueller, repetitiver und zeitintensiver Prozesse geht. Die Kombination mit künstlicher Intelligenz (KI) zur Automatisierung kognitiver Prozesse macht das Gebiet zunehmend noch attraktiver.

Mit digitalen Zwillingen resilient gegen Krisen

Zentralisierter Informationsaustausch für den Erfolg
Krieg, Klimawandel, Pandemie: Nie zuvor waren Unternehmen so vielen Krisen ausgesetzt wie heute, mit oft negativen Folgen für die Bilanz. Dabei können vorausschauende Maßnahmen, resiliente Prozesse und Frühwarnsysteme die Handlungsfähigkeit unterstützen. Ein digitaler Zwilling erprobt und testet in einer virtuellen Umgebung Geschäftsprozesse in Krisenszenarien und erkennt dadurch Probleme frühzeitig.

Die Pandemie als Innovationstreiber 

Virtual und Augmented Reality in der Industrie
Plötzlich ging es schnell: Die COVID-19-Pandemie zwang Unternehmen aller Branchen regelrecht zu einer beschleunigten digitalen Transformation. Die Situation mag sich mittlerweile normalisiert haben, doch wenn Unternehmen aus dieser Zeit die richtigen Lehren ziehen, können sie auch in Zukunft neue Technologien schneller und erfolgreicher einsetzen, wie bei Virtual- und Augmented-Reality-Projekten.

Dark Factory – Utopie oder Vision?

Die Rolle von Robotern in der menschenleeren Fabrik
„Maschinen und Künstliche Intelligenz werden Fabriken und Produktionsabläufe eines Tages steuern und den Menschen überflüssig machen.“ Derartige Utopien beflügeln Fantasien und Ängste von Führungskräften und Mitarbeitern. Aber ist die „Dark Factory“, die im Wesentlichen eine Fertigung ohne Menschen vorsieht, überhaupt eine realistische und erstrebenswerte Zukunftsvision, wie gerne behauptet wird?

Technologie gegen den Arbeitskräftemangel

Robotik und Wearables erfolgreich einsetzen
Eine Fabrik ohne Menschen – die „Dark Factory“ – wird es auf absehbare Zeit nicht geben. Dennoch nehmen die Forderungen nach mehr Robotik wieder zu. Kündigungswellen, der Fachkräftemangel sowie die Nachwehen der Pandemie befeuern dieses Ansinnen. Und es ist durchaus sinnvoll – nur kommt es auf das richtige Maß an. Vor allem aber sollte die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine verbessert werden.