Kleine und mittlere Unternehmen sehen sich im Rahmen der Produkt- und Dienstleistungserstellung immer mehr unter Druck gesetzt, den dynamischen Kundenanforderungen gerecht zu werden. Änderungen prägen den Alltag. Im Laufe eines Projektes entwickelt sich das Bild über das gewünschte Endergebnis bei allen Stakeholdern – doch die Zufriedenheit ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor und muss fokussiert werden. Dafür gilt es in Abhängigkeit des PM-Reifegrades eines Unternehmens geeignete agile Vorgehensweisen zu implementieren, um die Reaktionsfähigkeit zu erhöhen und damit den Projekterfolg zu begünstigen.
Dem stetig wachsenden Druck nach kundenindividuellen Produkten und Dienstleistungen müssen sich kleine und mittlere Unternehmen (KMU) widmen, um ihre Marktposition künftig zu sichern. Die Forderungen nach Flexibilität, Kundenindividualität und Serviceorientierung implizieren neue Strukturen und Prozesse. Die damit einhergehende offene Denkweise bietet Projektmanagement, insbesondere mithilfe agiler Methoden. Projektmanagement (PM) befähigt KMU effizienter und effektiver Produkte herzustellen, Dienstleistungen anzubieten und Fähigkeiten auszubauen [1,2]. Mithilfe agiler Vorgehensweisen können Potenziale ausgeschöpft werden, indem insbesondere der Kunde mit seinen Anforderungen und Wünschen kontinuierlich in den Projektverlauf und den damit einhergehenden Produktentwicklungsprozessen integriert wird. Dieser Herausforderungen sehen sich sächsische KMU gegenüber. Dieser Bedarf wurde in der vom BMWi geförderten Initiative Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum im Rahmen von Transferveranstaltungen erschlossen. Aus diesem Grund gilt es, einen einfach realisierbaren und kostengünstigen Lösungsansatz durch softwareseitige Unterstützung den KMU anzubieten. Der Fokus liegt dabei auf der Grundsteinlegung für die Einführung eines Projektmanagement-Systems.
Herausforderungen im Projektmanagement in KMU
Die Bedeutung von kleinen Projekten – die zumeist in KMU vorkommen – wird oftmals unterschätzt [3,4]. KMU stehen häufig vor der Herausforderung geeignete PM-Tools für eine erfolgreiche Projektabwicklung zu nutzen, mit möglichst geringem zusätzlichen Arbeitsaufwand. Aufwand und Nutzen müssen im Rahmen von Planung und Steuerung ein sinnvolles Verhältnis aufweisen [4]. Zusätzlich darf nicht vernachlässigt werden, dass die Projektabwicklung auf menschlichem Interagieren basiert. Dadurch entstehen komplizierte Wechselwirkungen und Risiken, welche den Projektverlauf maßgeblich beeinflussen [1]. Aus diesem Grund stellt das Stakeholdermanagement einen wesentlichen Bestandteil dar. Unabhängig davon, ob es sich um interne Stakeholder wie Projektleiter, -mitarbeiter, Unternehmensleitung oder um externe Stakeholder wie Kunde, Zulieferer oder Kooperationspartner handelt – Kommunikation, Information und Koordination der Zusammenarbeit gilt als entscheidender Erfolgsfaktor im Projektgeschäft. Insbesondere die Erfüllung der Kundenzufriedenheit bestimmt neben der Einhaltung von Budget, Terminen und Qualitätsanforderungen über den Erfolg eines Projektes. Sind sämtliche Anforderungen an die zu erbringenden Leistungen bereits zu Projektbeginn bekannt, ist eine detaillierte und realistische Planung des Projektvorgehens möglich. Kommen jedoch Änderungen bei den Anforderungen auf, entstehen Inkonsistenzen bei Einhaltung der Planung. Die klassischen PM-Vorgehensweisen (wie Wasserfallmodell, PMBok, PRINCE 2, DIN 69901 etc.) sind in ihrer Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und Dynamik durch definierte Vorgehensweisen eingeschränkt [5].
agilen Projektmanagement (i. A. a. [5])
Agile Projektmanagement-Ansätze
Die Lösung für gesteigerte Anpassungsfähigkeit an wandelnde Anforderungen stellen agile Vorgehensweisen dar, die durch flexible, leichtgewichtige Prozesse bei kurzem Planungshorizont v. a. im IT-Sektor gekennzeichnet sind [5]. Konkret bedeutet es: Reduzierung von Fehlern, schnelle Produktlieferung, effiziente Kommunikation, höhere Qualität und bessere Risiko-Analyse bei geringen Überschreitungen des Budgets [6]. Der Fokus verlagerte sich seit 2012 zunehmend auf alle „nicht vorhersehbaren, nicht planbaren Vorhaben“ – unabhängig von Branche und Projektart. Folglich eignen sich Methoden wie SCRUM, Kanban, Unified Process, Extreme Programming etc. auch für Investitions- und Organisationsprojekte –
neben IT-Projekten. Das agile PM orientiert sich stark am Lean Management der Automobilbranche, welches durch die Managementprinzipien – „steigere und befriedige den Nutzen der Kunden durch innovative Produkte und Dienstleistungen“ als auch „führe mit einem kollaborativen, anpassungsfähigen Team“ – gekennzeichnet ist. Der Endnutzer wird in den Projektlebenszyklus intensiv integriert zur aktiven Beteiligung an der Anforderungsermittlung, -priorisierung als auch -verifizierung. Durch die iterativinkrementelle Vorgehensweise in Form von Abstimmungen zwischen Kunde und Projektteam in regelmäßigen und kurzen Zeitabständen, dem sogenannten Timeboxing, wird das Produkt stetig weiterentwickelt und verbessert. Um diese Kundenorientierung zu gewährleisten, bedarf es einer angepassten Phaseneinteilung zur Bearbeitung der iterativen und innovativen Entwicklungsstufen des Projektes, die in Bild 1 im Vergleich zum klassischen Projektmanagement nach DIN 69001 visualisiert sind [5].
Tatsächlicher Bedarf an Projektmanagement
Im Rahmen der Förderinitiative Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Chemnitz wurde der Bedarf hinsichtlich Softwareunterstützung für Team- und Aufgabenkoordination identifiziert. Eine Vielzahl an KMU hat zudem bisher keine bzw. nur unstrukturierte Projektmanagement-Ansätze etabliert. Folglich galt es, für diese Herausforderungen einfache und kostengünstige Lösungen zu finden. Der aktuelle Stand der Digitalisierung variiert stark in den KMU; von durchgängig manuellen und schriftlichen Planungsunterlagen bis hin zu vollständig implementiertem Projektmanagement inklusive PM-Software. Für die Optimierung der Strukturen bedarf es der Ermittlung des PM-Reifegrads. Dabei orientierten sich die ersten beiden Reifegrade an dem Reifegradmodell CMII (Capability Maturity Model Integration)[3]. Der dritte Reifegrad wurde in Zusammenarbeit mit den KMU abgeleitet.
- Reifegrad 1 = Projekte ohne spezifische PM-Methoden
- Reifegrad 2 = allgemeingültiger Projektmanagementstandard ohne Branchen- oder Projektspezifika
- Reifegrad 3 = Reaktionsfähigkeit und Individualisierbarkeit auf agiler Basis
Diese Reifegrade dienen zur Einordnung des Unternehmens, um eine Lösung zu finden, die dem tatsächlichen Bedarf gerecht wird, was in Bild 2 visualisiert ist. Insbesondere bei der Auswahl und Einführung von PM-Software gilt es, die Umfänge minimal zu gestalten, um die Komplexität zu minimieren.
Unterstützung agiler Vorgehensweisen durch Tools
Im Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Chemnitz steht die Unterstützung von Unternehmen zur Steigerung des Digitalisierungsstandes im Mittelpunkt, weshalb sich die Zielgruppe vorrangig aus Unternehmen mit keinen bzw. sehr wenigen PM-Lösungen
zusammensetzt, was dem PM-Reifegrad 1 oder 2 entspricht.
Liegt ein Projektmanagement-Reifegrad 1 vor, ist Team- und Aufgabenkoordination im Fokus. Dadurch gelingt eine Effizienzsteigerung in der Aufgabenbewältigung wie auch der Ausgleich der Ressourcenbelastungen. Eine besonders geeignete Methodik stellt das agile PM nach Kanban-Prinzip dar. Dabei werden die Anforderungen und Aufgaben in Form einer Liste gesammelt. Durch Software gelingt die visuelle Darstellung und eine Verknüpfung der Projektteammitglieder. Somit wird die gesamtheitliche Planung und Umsetzung ermöglicht. In einfachster Form entspricht eine ToDo-Liste dem Kanban-Prinzip, welche durch zusätzliche Funktionen wie Zeitplan (z. B. Gantt-Plan) und Ressourcenplan detailliert werden kann. Ergebnisse der Kundenabstimmungen können schnell und einfach in die Aufgaben integriert werden. Mithilfe solch einer Lösung ist es möglich, schnell und mit wenig Aufwand neue Anforderungen zu berücksichtigen.
Bei einem Unternehmen mit PM-Reifegrad 2 sind PM-Strukturen bereits etabliert. Somit ist es nötig, die Projektabläufe genauer zu analysieren. Die klassischen PM-Strukturen sollen aufgebrochen und durch agile Vorgehensweisen ersetzt werden. Jedoch ist nicht in allen Branchen und Projektarten die Voraussetzung gegeben, dass alle Projektabläufe agil gestaltbar sind. Die Projektabschnitte, die durch dynamische Änderungen der Kundenanforderungen beeinflussbar sind, müssen identifiziert und mithilfe agiler Ansätze gestaltet werden. Wo kaum bzw. keine Anforderungsänderungen auftreten, können traditionelle PM-Strukturen bleiben. Besonders in KMU ist zu analysieren, wie die Projektprozesse erfolgversprechend umzusetzen sind, um den Aufwand und Ressourceneinsatz zu optimieren. Wird z. B. das Projekt zu Beginn in einem sehr hohen Detaillierungsgrad geplant, ist ein hoher Planungsaufwand nötig. Kommen jedoch im Verlauf des Projektes zahlreiche Änderungen vom Kunden, so bedarf es ständigen Neuplanungen, die stetige Ressourcenbindung bedeuten. Folglich können kurze Planungszyklen von wenigen Wochen den Gesamtplanungsaufwand reduzieren – agiles PM erweist sich als vorteilhaft.
Ausblick
Insbesondere KMU müssen für das Thema Projektmanagement und agile Vorgehensweisen sensibilisiert werden. Um die Potenziale ausschöpfen zu können, ist es nötig, die einzelnen Projektarten und -bedingungen der Unternehmen detailliert zu analysieren. Denn unabhängig der Branche des Unternehmens können jedoch agile PM-Strukturen genutzt werden und deutliche Effizienz- und Kosteneinsparungen für das Unternehmen mit sich bringen.
Danksagung
Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Chemnitz, das zu Mittelstand-Digital gehört. Mit Mittelstand-Digital unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Digitalisierung in kleinen und mittleren Unternehmen und dem Handwerk.